Katalog Thiele
Professor Peter Thiele und seine Schüler
19. Oktober 2016
Michael Morgner. Schweißtücher
20. Januar 2017

Ein Lehrer und seine Schüler. Professor Peter Thiele und Tania Engelke, Kurt Neubauer, Mathias Otto

Ein Lehrer, ein Kunstprofessor, kann bei seinen Studenten einen Kunst-Kosmos aufreißen und sie zu Schaffensräuschen mitnehmen, die im Idealfall ein Leben umbrechen. Derart hinterlässt er seinen künstlerischen „Fingerabdruck“ in den Schülerseelen.

Es ist also ein interessantes Vorhaben, einen Meister im Kontext mit seinen Schülern – und umgekehrt – zu betrachten. Inwieweit prägen seine künstlerischen Erfahrungen und seine Handschrift eine nächste Generation, werden ästhetische Potenziale vererbt und beeinflussen sie Künstlerlaufbahnen? Wie gelingt Abnabelung, wie eigenständiges, egozentrisches Ich-Erleben?

Peter Thiele, Kunstprofessor aus Nürnberg, lehrte 35 Jahre Grafik und Zeichnung. Sein Lebenswerk besticht vor allem durch seine Linienkunst. Und wie sicher und souverän ihm die Lineatur aus dem Stift fließt! Wie er damit lustvoll den Vermaskierungen im Menschenpark nachspürt! Ich kann mir vorstellen, wie er bei seinen Studenten besonderen Wert legt auf das Trainieren des manuellen Zeichnens, des Ertastens und Findens gültiger Linienbahnen, der Wertigkeit von Druck und Dichte, von Hell und Dunkel. Wie er dabei aber seine Eleven zu beständiger Suche nach eigener Handschrift und „eigenem Strich“ provoziert, bis sie zu ihrem Thema ihren eigenen gegenständlichen Stil gefunden haben. Und er staunt dann gar oft über deren versiertes Können und bewundert ihre Fähigkeit zu linearen Vereinfachungen, selbst wenn sie sich inzwischen der Malerei verschrieben haben. Aber sogar in deren nächtlichen Stadtansichten steckt noch seine Liebe zur geschlossenen Linie. Solche künstlerische Verbundenheit führt auch zu menschlicher Nähe. Er nennt es „meine Kunst-Familie“.