7. August 2020
Werner Tübke Allstedt Lithografie

Werner Tübke – Radierungen und Lithografien

Mit dieser Ausstellung will das Grafikmuseum — nach den Künstlern Rolf Kuhrt, Gerhard Kurt Müller, Rolf Münzner und Peter Schnürpel — einen weiteren Vertreter der „Leipziger Schule“ vorstellen.

Werner Tübke (1929-2004) gilt mit seinen Werken neben Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer und Gerhard Kurt Müller als wichtigster Mitbegründer eines Realismus, der auf der eigenen, individuellen Wahrnehmung beruht, mit Tendenzen zum Altmeisterlichen, zu Formenstrenge, zu Dingprägnanz und Sachlichkeit. Die »Leipziger Schule« definiert sich im allgemeinen Bemühen, die Wirklichkeit vielfältig und ausdrucksstark zu gestalten, wobei sich gelegentlich Tendenzen auch originell und ausdrucksstark abheben.

Es geht um Gedanken- und phantasiereiche, tiefgründige Deutungen von Themen der Geschichte bis hin in den privaten Bereich sowie zu Fragen der Umwelt.

Inhaltlich überzeugt Tübke da am stärksten, wo er in Wahlverwandtschaft zu den Meistern der Renaissance, des Manierismus und Barock agiert, mit dem Ziel, deren Formensprache wieder in die zeitgenössische Kunst einzubringen; wenn er Wirklichkeit und Irrealität miteinander verbindet, Metaphern und Szenen komponiert und kombiniert mit Absonderlichem und Groteskem. Fast gewinnt so das Surreale Übermacht, etwa in seinen typischen vielfigurigen Massenszenen. Das Grafikmuseum zeigt einen Querschnitt seines grafischen Schaffens.

Wir danken dem Panorama-Museum Bad Frankenhausen, Herrn Gerd Lindner und seinen Mitarbeitern für die Unterstützung. Wir danken für die überaus angenehme Zusammenarbeit mit der Galerie am Sachsenplatz in Leipzig, Herrn Volker Zschäckel, der bei der Eröffnung auch in das grafische Werk von Werner Tübke einführt.

Stefanie Barbara Schreiner

22. November 2022

Figur im Doppelblick – Jost Heyder / Hans-Peter Mader

Zwei Künstler haben ihr Generalthema in der menschlichen Figur gefunden. Beide beherrschen ihr Handwerk mit meisterlicher Bravour: Jost Heyder die Malerei, Hans-Peter Mader die Bildhauerei. Sie gehören einer Generation an und sind in der Thüringer Kunstszene sehr präsent. Während der eine im Porträt nach der Individualität fahndet, formt der andere seine Keramiken zu Figurtypen. So hat der in Erfurt und Arnstadt beheimatete Maler und Zeichner Jost Heyder (*1954) als Porträtist zahlreicher Persönlichkeiten bereits große Bekanntheit
erlangt. Er tastet sich an seine Modelle heran, ergründet deren Charakter und dringt dabei tief ins Seelenleben vor. Seine erzählerischen Mehrfigurenbilder, die er oft mit Malern, Marionetten, Komödianten oder mythologischem Figurenarsenal besetzt, komponiert er zu bühnenartigen komplexen Inszenierungen. Allerlei rätselhafte Gestalten, allegorische Chiffren und unerklärliche Wirklichkeitsbezüge
verdichtet er zu raffiniertem Symbolgeflecht. Und immer wieder tauchen historische Anspielungen auf und werden die Stammväter
der Kunst zitiert, in deren Folge er sich sieht. Hans-Peter Mader (*1951), Mitinitiator der Künstlergruppe Hohenfelden, drängt seine zumeist überlängte Personage oft dicht zueinander zu hoch aufragenden Paaren. Dabei formt er aus Ton steile Torsi zu Stelen, oder er baut gedrungene Figurationen zu Klein- und Tierplastiken. Dabei interessieren ihn besonders die Oberflächen des Materials
Ton in Raku oder Steinzeug. Deren raffinierte Strukturen, geometrische Musterungen, die gesteinsartigen Verkrustungen, linearen Einritzungen, geheimnisvollen Schriftzeichen und „vulkanischen“ Feuerspuren lassen die Keramikhaut auch zu grafischem Kunstwerk werden. Und längst ist er darüber zum Bildhauer geworden, der seine Bronzen selbst gießt. Zwei Künstler: zwei Intentionen, zwei charakteristische Formensprachen zum Thema Wunderwesen Mensch.

Dr. Linn Kroneck

12. Oktober 2019
Regina Franke

25 Jahre Grafikmuseum Stiftung Schreiner – Neuzugänge der Sammlung

Die Künstler/innen der Ausstellung:
Gerhard Altenbourg • Karl-Heinz Appelt • Mart in Assig • Wolf Bertram Becker • Eva Bruszis • Paolo Ciampini • Dorél Dobocan • Adelheid Eichhorn • Frank Eißner • Regina Franke • Inga Ģibiete • HAP Grieshaber • Hans-Hendrik Grimmling • Bernd Hahn • Zhou Hao • Johannes Heisig • Michael Hofmann • Elke Hopfe • Horst Hussel • Marietta Jeschke • Gerhard Kettner • Rolf Kuhrt • Mark Lammert • Hans-Reinhard Lehmphul • Zoya Lucevich • Oskar Manigk • Michael Morgner • Gerhard Kurt Müller • Rolf Münzner • Siegfried Otto Hüttengrund • Karin Pietschmann • Rainer Pöhlitz • Dagmar Ranft-Schinke • Robert Reiter • Peter Rensch • Udo Rödel • Klaus Roenspieß • Torsten Russ • Udo Scheel • Hans Scheib • Hans G. Schellenberger • Jürgen Schieferdecker • Peter Schnürpel • Klaus Schröter • Reiner Schwarz • Erik Seidel • Christine Stäps • Karl Stengel • Werner Stötzer • Strawalde • Peter Sylvester • Heinrich Tessmer • Gudrun Trendafilov • Max Uhlig • Claus Weidensdorfer • Trak Wend isch • Susanne Werdin • Günter Wirth • Werner Wittig • Elke Wolf • Stojan Zanev • Peter Zaumseil

Das Grafikmuseum Stiftung Schreiner wurde 1994 durch Stefanie Barbara und Dr. Wolfgang Schreiner gegründet. Sie wollten mittels Kunst Brücken zwischen Regionen und Gesellschaften bauen helfen. Seit nunmehr 25 Jahren bereichern Ausstellungen zeitgenössischer und vor allem figurativer Druckgrafik das Kunstleben der Region.
Über 90 Werkschauen wurden im letzten Vierteljahrhundert eröffnet. Dabei konnten immer wieder internationale Höhepunkte gesetzt werden: Christo und Jeanne-Claude, Hausner, Goya oder Picasso. Neben den zahlreichen Ausstellungen aus Osteuropa war auch Grafik aus China, Dänemark, Frankreich, Italien und Kuba in Bad Steben zu sehen.
Sammeln gehört zu den Kernaufgaben von Museen. Die Bad Stebener Sammlung, in der vor allem Druckgrafik aus Ostdeutschland und Osteuropa vertreten ist, konnte trotz fehlendem Ankaufsbudget kontinuierlich auf ca. 4.500 Werke von 400 Künstler/innen aus 25 Ländern anwachsen. Viele Neuzugänge wurden in Zeitungsberichten vorgestellt, die Kunstwerke selbst jedoch noch nicht gezeigt. Das soll die aktuelle Ausstellung nun ändern. Für die Schau wurde die „Schatzkammer“ Depot systematisch gesichtet. Entstanden ist ein Überblick über das jüngste Wachstum der Sammlung anhand der verschiedenen künstlerischen Drucktechniken. Die Querschnittsausstellung zeigt die Vielfalt von Hoch-, Tief-, Flach- und Durchdrucken sowohl stilistisch, motivisch als auch ihre technischen Raffinessen.

Dr. Linn Kroneck

9. Juli 2019
Jaqueline Bica • Die Straßen von Matagalpa (Palabrario)

Eckhard Froeschlin und Grafik aus Nicaragua

Als Künstler ist Eckhard Froeschlin (*1953) zuzeiten ein Odysseus, den es von der heimischen Donau in die Welt zieht. Unruhegeist also und süchtig nach Leben: dem eigenen, dem fremden und immer nach Kunstbegegnungen. So landet er eines Tages in Nicaragua, als dort gewaltige Kräfte das Land erschüttern und es zum Brennpunkt machen: die Landschaft vulkanisch, die Menschen in Unruhe – ein Land der Katastrophen.
Man kannte ihn bereits: In Radierungen beschäftigten ihn soziale, historische und literarische Themen. Er brachte den gesellschaftlichen Umbruch von 1989 zu Bilde, porträtierte Künstler und Literaten, reflektierte über Werke der Kunstgeschichte und verarbeitete Impressionen von fernen Reisezielen. In seiner „Edition Schwarze Seite“ publizierte er Künstlerbücher und Mappenwerke. Bild, Text, Bleisatz und Papierhaptik immer in delikater Symbiose – Gesamtkunstwerke eben.
Vor 21 Jahren dann Eckhard Froeschlins Abenteuer in der nicaraguanischen Stadt Matagalpa. Was als temporärer Grafik- und Druckworkshop begann, entwickelte sich bald zu einer lebendigen Druckgemeinschaft. Heute fertigt die Künstlergruppe „TallerContil“ („Rußwerkstatt“) eigenständig ornamentale Holzschnitte und farbenfrohe Radierungen an, originelle Künstlerbücher und expressive Leporellos, die vor allem die Lyrikeuphorie des Landes reflektieren.
Aus der einstigen Meister-Schüler-Beziehung ist längst ein wechselseitiges Verhältnis künstlerischer Anregungen geworden. So belegt die Bad Stebener Ausstellung thematisch und stilistisch sowohl Froeschlins Einfluss auf die Gruppe „TallerContil“ als auch die Kraft der Inspirationen, die er von der nicaraguanischen Kunst empfangen hat.

Dr. Linn Kroneck