Am 9. Mai 2023 ist der fünfte Todestag des Dänen Per Kirkeby (1938‒2018). Ein willkommener Anlass, um an einen der international renommiertesten Künstler des 20. Jahrhunderts zu erinnern. Mit 120 Leihgaben von Knust Kunz Gallery Editions München
und des Museum Jorn Silkeborg/Dänemark stellt die einzigartige Schau in Bad Steben erstmals dessen spätes, zwischen 2006 und 2016 entstandenes Radierwerk vor, das überwiegend als Grafikserien oder umfangreichere Zyklen konzipiert ist. Hierbei dominiert das klassische Motiv ›Landschaft‹ als überzeitliches Gleichnis des Daseins. Stilistisch oszillieren die Werke zwischen eher ahnbarer Figuration und immer offenerer Abstraktion. Dies ergänzen rund 20 Skulpturen und Plastiken von Dietrich Klinge (* 1954), die auf eine hinter der sichtbaren Dingwelt liegende Wirklichkeit verweisen. Ihre besondere Vitalität und visuelle Aussagekraft gewinnen sie aus der im transitorischen Moment des Verwandelns gezeigten Hybridität, die aus der Assemblage von Abguss konkreter Naturformen und künstlerischem Artefakt erwächst. Es ist die im Leibfragment offenbarte Verletztlichkeit aller irdischen Existenz, die einer rastlos im Fließen befindlichen und von steter Brüchigkeit gezeichneten Welt trotzt.
Dr. Tobias Ertel
»Turbulenzen« ziehen mit der 37. Leipziger Grafikbörse in das Grafikmuseum Stiftung Schreiner ein. Zu diesem Thema haben 90 Künstlerinnen und Künstler Arbeiten eingereicht, die vom 5. Februar bis zum 16. April 2023 zu sehen sind. Die Interpretationen sind vielfältig. Es geht um gesellschaftliche Themen wie Wetter, Klima, Politik oder Wirtschaft, aber auch private, zwischenmenschliche oder gedankliche Turbulenzen. Die Ausstellung zeigt die Vielfalt zeitgenössischen druckgrafischen Schaffens. Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des Vereins Leipziger Grafikbörse gibt es eine Grafik-Edition mit 6 eingebundenen Originalgrafiken.
Dr. Tobias Ertel
Erstmals in Deutschland stellen wir die deutsch-polnische Künstlerin Barbara Kasperczyk (* 1976) vor, deren zwischen klassischen und neuen Bildmedien oszillierendes Schaffen sich auf den einzelnen, in der anonymen Masse verschwindenden ›Menschen‹ konzentriert. Höhe- und zugleich Mittelpunkt der Schau ist die bislang nicht abgeschlossene Grafikserie Paradise Lost mit der raumgreifenden und im Programm variablen Installation Archē terra nostra (2021/2022). Den mithilfe von Unschärfen verfremdeten und durch Kolorit wie aufgeklebte Spiegelfolien überaus verlebendigten Druckwerken eignet eine besondere Gestimmtheit und vollkommen neue Ästhetik. Entfalten sie doch im bewussten Rekurs auf das im Umriss nicht selten verformte Trägermedium ihre ganz eigene visuelle Kraft. Als Zeugen eines scheinbar unverlierbaren Paradieses wird hierbei den flüchtigen Assoziationen des Lebens schließlich dauerhaft Präsenz verliehen.
Dr. Tobias Ertel
Fünf unterschiedliche Künstler einer Region, fünf kritische Positionen der Gegenwart unter einem Motto: Standpunkte. Künstler aus Niederbayern.
Die von Sigrun C. M. Leyerseder (Galeristin Hauzenberg) und Stefanie Barbara Schreiner konzipierte Ausstellung führt rund 90 Werke der klassischen Bildkünste Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Skulptur von Wolfgang Josef Brehm (Jahrgang 1948), Mario Schoßer (1953), Michael Grossmann (1965), Patricia Kaiser (1976) und Philipp Stähle (1982) zusammen. Sie berühren ewige Menschheitsfragen wie Kreislauf und Sinn des Lebens, Traumgebilde, Schöpferkraft und Ästhetik und nehmen seismographisch aktuelle Krisen, Probleme und Verwerfungen wie Umweltzerstörung, Klimawandel, die globale COVID-19-Virus-Pandemie oder kriegerische Auseinandersetzungen auf. Indem sie hierzu offen Stellung beziehen, machen sie bewusst, rütteln wach und bringen uns zum Nachdenken. Eröffnen ihre ›Standpunkte‹ doch eine neue Perspektive, um einmal vom anderen Ende her zu denken und auch entsprechend zu handeln. Denn Kunst wirkt als zentrales Korrektiv einer Gesellschaft, aus deren Mitte sie entspringt und auf die sie stets unmittelbar bezogen ist.
Dies bringt Friedrich Hölderlins Gedicht »Andenken« (1803) auf eine sinnige Formel: »Was bleibet aber, stiften die Künstler.«
Dr. Tobias Ertel